„Speaking without lips, thinking without brain“

„Speaking without lips, thinking without brain“

Unter dem oben genannten Titel lief vom 2. bis zum 30. Juli im Foyer der Humboldt-Universität eine interessante Ausstellung über diese beiden Themen, mit denen der ungarische Baron Wolfgang von Kempelen unsterblich geworden ist. Von Kempelen war nicht nur Beamter am Hofe Maria Theresias und Josephs II, sondern auch ein ideenreicher Erfinder.

Er hat sich lange Zeit und intensiv mit der Erzeugung künstlicher Sprache beschäftigt. Ein Nachbau seiner Sprechmaschine wurde in der Ausstellung nicht nur gezeigt, sondern bei der Eröffnung wurde auch die Arbeit mit ihr ausgiebig demonstriert. Es ist zwar noch relativ einfach, damit die Wörter „Mama“ und „Papa“ hervorzubringen, das Erzeugen darüber hinausgehender Wörter gelingt jedoch nur einer mit der Maschine hinreichend vertrauten und geübten Bedienperson, wovon sich die Ausstellungsbesucher durch eigene Versuche überzeuge konnten.

Auf der Ausstellung wurden zum Thema Spracherzeugung, üaufzeichnung und üanalyse noch weitere Exponate gezeigt, zudem konnte man sich eine Reihe von menschlichen Sprechproben und natürlich auch solchen, die vom Nachbau der Kempelenschen Maschine stammten, vorführen lassen. Die gezeigte Sprechmaschine wurde 1999 bis 2001 an der Wiener Universität für angewandte Kunst nach alten Unterlagen nachgebaut.

Dort entstand im gleichen Zeitraum auch ein Teilnachbau des berühmten schachspielenden Türken, den von Kempelen 1769 am Hofe Maria Theresias erstmals vorgeführt hatte und der ein jahrzehntelanges Rätselraten um seine wahre Funktion auslöste. Vorgeblich handelte es sich um einen mechanischen Automaten, der vorgab, mit dem Schachspielen eine künstlich erzeugte intelligente Verhaltensweise zu demonstrieren. Seine wahre Funktionsweise wurde mehrere Jahrzehnte nicht enthüllt, aber klugen Geistern war schon damals klar, daß das nur ein genialer Bluff sein konnte. Die Analysen des Freiherrn von Racknitz und keines geringeren als Edgar Allan Poes kamen der Wahrheit bis auf Kleinigkeiten sehr nahe ü es war doch ein Mensch in der Maschine verborgen. Ein nicht unwesentliches Detail war die Konstruktion des Armes und der Hand, mit der die Maschine ü gesteuert von dem in ihrem Inneren verborgenen Schachmeister ü mit der der Türke die Figuren auf dem Brett bewegte. Und eben dieses Detail wurde ebenfalls in Wien nachgebaut und auf der Ausstellung demonstriert. Der von Kempelen gebaute Türke ist nach einer bewegten Geschichte schließlich 1854 im Kuriositätenkabinett des Chinese Museum in Philadelphia in verbrannt, und mehrere ähnliche Schöpfungen sind ebenfalls zerstört worden oder ihr Verbleib ist ungeklärt.

Auch die Wirkungsweise des nachgebauten Armes des Türken wurde bei der Ausstellungseröffnung ausgiebig vorgeführt, und das Publikum durfte auch selbst damit Figuren setzen üben, was sich als schwieriger erwies, als es den Anschein hatte. Abgerundet wurde dieser Teil der Ausstellung durch einen kurzen Hinweis auf die erste echte Schachmaschine von Torres Quevedo sowie den ersten kommerziellen Schachcomputer Chess Challenger von 1977 und den Robot Adversary von 1982. Letzterer kann nun wirklich Schach spielen und seine Figuren selbst mittels eines Armes und eines einfachen Greifmechanismusses ü Hand wäre etwas zuviel gesagt ü ziehen. Der aus den USA stammende Chess Challenger und der aus Hong Kong kommende Robot waren Leihgaben aus meiner eigenen recht umfangreichen und bisher nur wenigen Interessenten gezeigten Sammlung.

Die Darstellung der Maschine von Torres Quevedo, präzise handelt es sich sogar um zwei Automaten, die sich heute in Madrid befinden, aber nicht mehr funktionstüchtig sind, war auf der Ausstellung in der Humboldt Universität denn doch sehr stichwortartig geraten, was mich dazu bewogen hat, im nachfolgenden Aufsatz ein wenig tiefer in die Einzelheiten zu gehen.

 

Hans-Peter Ketterling